Juniorforschergruppe Cleanvelope
Energieaktive Gebäudehüllen als Baustein klimaorientierter Stadtentwicklung

Städte sind mit ihrem hohen Energieverbrauch für Gebäude, Wirtschaftsaktivitäten und Verkehr nicht nur Hauptverursacher des Klimawandels, sondern auch besonders betroffen von dessen Folgen. Beispielsweise führt die hohe Bebauungsdichte zu urbanen Hitzeinseln und verstärkt den Stress durch steigende Temperaturen. Gebäudehüllen können durch Wärmeschutzmaßnahmen oder die Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere mittels Photovoltaik, zur Dekarbonisierung beitragen und bieten gleichzeitig Flächen für eine klimaregulierende Begrünung.

Die Juniorforschergruppe untersucht, wie sich resultierende Flächenkonkurrenzen in Synergien auflösen und eine Balance zwischen Klimaschutz und -anpassung herstellen lassen. Bei der Entwicklung multifunktionaler Fassadenlösungen und Sanierungsszenarien behält sie einerseits die baukulturelle Verträglichkeit mit den Gebäude- und Siedlungstypen in bayerischen Städten im Blick. Andererseits werden die Auswirkungen einer großflächigen energetischen Aktivierung der Gebäudehüllen auf den Außenraumkomfort dynamisch modelliert und die Potenziale zu einer gezielten Verbesserung des Stadtklimas durch eine aktive Abfuhr und Nutzung der Abwärme untersucht.

Einen weiteren Forschungsschwerpunkt bilden die Verknüpfung der Energiefassaden mit zukunftsfähigen Quartiersenergiekonzepten und die intelligente Integration ins lokale und übergeordnete Energiesystem. Ein zunehmender Anteil fluktuierend verfügbaren Solarstroms stellt das Stromnetz vor große Herausforderungen. Diesen möchte die Forschungsgruppe auf Quartiersebene begegnen und entlastende Interaktionen sowie marktfähige Dienstleistungen identifizieren. Mit Hilfe von großräumigen Modellierungen der Energieflüsse und der Überlagerung zeitlich aufgelöster Erzeugungs- und Verbrauchsprofile sollen Optimierungs- und Lastmanagementstrategien hinsichtlich einer effektiven und lokalen Nutzung der Eigenstromerzeugung untersucht werden. Der Fokus liegt auf einem quartiersinternen Ausgleich sowie auf der Verknüpfung mit dem Wärme- und Verkehrssektor. Hierfür stehen elektrische Wärmepumpen zur Gebäudeheizung und Elektrofahrzeuge als kostengünstige und flexible Stromspeicher im Sinne eines Smart Grids zur Verfügung. Diese sollen das lokale Stromnetz jedoch nicht mit geballten Ladevorgängen überfordern. Eine Koppelung verschiedener Lastmanagementoptionen erfolgte bislang nur für Einzelgebäude und soll nun auf Quartiersebene aggregiert und optimiert werden.

Nicht zuletzt geht es um Handlungsoptionen und Umsetzungsstrategien in der Stadtentwicklung. Auf der Grundlage bestehender Akteure, Prozesse und Werkzeuge in bayerischen Kommunen sollen Handlungsempfehlungen, Ansätze und Tools entwickelt werden, um das urbane Solarpotenzial stadtklimaorientiert, sozial- und netzverträglich zu heben. Zudem gilt es Partizipationsmöglichkeiten aufzuzeigen, um Bürger an Entscheidungsprozessen, Investitionen und Gewinnen der kommunalen Energiewende zu beteiligen.

Die Forschungsergebnisse zeigen siedlungstypologisch orientierte Systemlösungen, Einsatzpotenziale und Wege für die energetische Aktivierung und Begrünung der Gebäudehülle auf. Die Modellierungen schaffen ein Systemverständnis für die Stellschrauben bei der Integration in städtische Energiesysteme. Ganzheitliche ökonomisch-energiewirtschaftliche und stadtklimatisch-ökologische Bewertungen helfen den wahren Wert des Solarstroms für das Quartier zu beziffern. Zudem lassen sich Empfehlungen für Quartiersstrommodelle, gezielte politische Anreizsysteme und den Abbau rechtlicher Hürden ableiten. Die geplante Begleitung realer Fallbeispielen in mehreren bayerischen Kommunen soll die technischen Lösungen, Umsetzungsstrategien und Werkzeuge erproben, geeignete Ansätze für langfristige Stadtentwicklungsprozesse identifizieren und Impulse für Kommunen außerhalb Bayerns sowie das übergeordnete Energiesystem setzen.