Grand Tour

2024

Pisa

»Das Pisaner Stadthaus weicht in seiner Struktur auffallend von [anderen] Bauten ab. Besondere geologische Gegebenheiten haben in Pisa zur Ausbildung eines in der Toskana einzigartigen Bautypus geführt. Die Ebene um die Stadt ist als Schwemmland des Arno und zahlreicher weiterer, kleinerer Flüsse entstanden […]. Die Ebene war durchsetzt von kleineren, heute  größtenteils trockengelegten Lagunen und Sümpfen. Die Böden sind sehr weich […]. Das Pisaner Stadthaus ist diesem weichen Untergrund angepasst, seine Struktur besteht aus parallelen Mauerwerksschotten, die senkrecht zur Straßenachse angeordnet sind. In der Fassade erscheinen diese Schotten als breite Werk- und Backsteinstreifen und werden daher oft unzutreffend als Pilaster angesprochen«. Klaus Tragbar: Vom Geschlechterturm zum Stadthaus, 2003, S. 121f.

Das Interesse gilt in Pisa der städtebaulichen Struktur und Schichtung der Stadthäuser. Die Typologie der sogenannten Casa Torre wird anhand von zeichnerischen Analysen untersucht. Der Fokus der Auseinandersetzung liegt dabei auf den anhand dieser Bauwerke deutlich ablesbaren Zeitschichten der kontinuierlichen Überformung, Erneuerung und des Weiterbauens der Stadt. Ausgehend von der räumlichen, konstruktiven und strukturellen Verwebung unterschiedlicher Bauzeiten gehen wir der Frage nach, wie sich die Bestandsstruktur weiterdenken und was sich aus der Beobachtung der architektonischen Überlagerungen für die eigene Entwurfs- und Gestaltungspraxis lernen lässt. Die analytische und phänomenologische Beobachtung der Casa Torre bildet den Ausgangspunkt für die Entwurfsaufgabe.


2023

Venedig


»Doch jetzt, wo ich vor dieser riesigen Karte der Lagune sitze, fällt die Stadt vor allem durch ihre Kleinheit auf. Zugegeben, die Karte ist groß und zeigt nicht in erster Linie die geballte Form, die wir Venedig nennen, sondern die Lagune, die es durch die Jahrhunderte hindurch geschützt hat und inzwischen manchmal bedroht. Gut tausend Jahre lang war Venedig praktisch nicht angreifbar, Sümpfe, Untiefen, unbekannte Durchlässe, Sandbänke – alles verschwor sich mit der Stadt, um sie unzugänglich zu machen, und je länger man auf diese Karte schaut, umso fremder wird einem die Stadt, die man um sich herum weiß mit all ihren Kirchen und Palästen. Wie um Himmels Willen war es nur möglich, dass in diesem morastigen Gebiet etwas derart Kompaktes entstand.«
C. Nooteboom: Das zerstückelte Labyrinth, in: Venedig. Der Löwe, die Stadt und das Wasser, Suhrkamp 2021, S.94

Stadtraumsequenz

Im Zentrum der Reise stehen der städtische Körper und die räumlichen Zusammenhänge zwischen Stadträumen und öffentlichen Innenräumen. Ein Spezifikum Venedigs sind die Abfolgen unterschiedlichster, auf den ersten Blick zufällig gewachsener stadträumlicher Situationen, die beim Gehen durch die Stadt als zusammenhängende Sequenzen erfahrbar werden.

Bei einer Sequenz geht es immer um die spannungsvolle Beziehung unterschiedlicher Raumbereiche zueinander. Der Wechsel von Enge und Weite, von offenen und geschlossenen, von lichten und verschatteten Bereichen schafft ein spannungsvolles Gefüge und abwechslungsreiches Erleben von Räumen. Die konkrete Aufgabe besteht in der Suche nach einer stadträumlichen Sequenz, deren spezifische Qualitäten zeichnerisch herausgearbeitet und in abstrahierter Form in einem Konzeptmodell festgehalten werden. 


2022

München +

»Die Stadt ist wie ein Brief: geschrieben in Zeilen und zu lesen in dem, was zwischen ihnen steht. Briefe können feinsinnige Erzählungen sein oder geschwätzig hingekritzelte Worte, Gedanken der Trauer, Anagramme voller Rätsel oder schlichte, kleine Liebesgedichte. Die Stadt, als abgelegte Korrespondenz verstanden, lebt von den vielen Momenten des Unmittelbaren und wird zur Sammlung von Geschichten, die sich nähren aus der Erinnerung. Selbst Notate in holpriger Sprache erhalten durch eine schöne Handschrift einen durchgehenden Rhythmus, die Orthografie verliert an Wirkmacht und der Radiergummi löscht überflüssige Zeilen. Die Stadt besteht aus Häusern, die Räume umarmen – Räume, die sich zur Straße verengen und mäandrierend an Rändern verlieren. Es sind Räume, die auch zwischen den Zeilen ihren Anspruch auf ordnende Klarheit geltend machen.«
Adrian Meyer: Stadt, in: Burkhard Meyer: von Häusern und Räumen, 2015, S.7

Incontro

Die Stadt sehen und ihre Räume lesen sind übergeordnete Anliegen der Woche in München. Dabei geht es gleichermaßen darum, Zusammenhänge herzustellen, wie Einzelheiten zu sehen. Und es geht darum, mögliche Orte für eine Kleinstarchitektur aufzuspüren, diese zu skizzieren und als architektonische Montage in die Situation einzufügen.

Die konkrete Aufgabe der Suche nach einem Ort für ein »Incontro« (von ital. L’incontro: Treffen, Begegnung), einer kleinen Architektur für die Begegnung von drei oder fünf Menschen, provoziert den anderen Blick und erforderte die analytische Aufnahme des Ortes mit zeichnerischen Mitteln und als Montage. Dabei gilt es genau hinzuschauen, das Ganze ebenso wie das städtische Detail in den Blick zu nehmen und bereits vor Ort Ideen für eine architektonische Intervention zu entwickeln.


2021

München

Sequenz: Schwellen- und Zwischenräume gliedern, unterteilen und verknüpfen Raumgefüge. Sie bilden „das Dazwischen im Übergang von einem Raum zum anderen, das weder dem einen noch dem anderen oder aber beiden zugleich angehört. Es ist ein elementares Phänomen der Architektur und tritt in vielen Varianten auf.“   Alban Janson: Grundbegriffe, 2013

Ortsaufnahme

Eine Raumabfolge besteht aus Räumen, Übergängen und Schwellen. Prägend ist ein erkennbarer Zusammenhang. Das Eintreten, das Durchschreiten und das Heraustreten sind Bestandteil der Sequenz. Die Dimensionen und Proportionen definieren die einzelnen Bereiche der Sequenz ebenso, wie Licht und Schatten oder die Materialien und Farben. Auch Witterung, Temperatur, Tageszeit und Gerüche sind Teil der Wahrnehmung eines Ortes und werden in der Abfolge von Räumen bewusst erlebt.

Einen Ort betrachten, einen Ort erleben, einen Ort wahrnehmen, einen Ort analysieren und mit zeichnerischen Mitteln erfassen ist Ziel der Aufgabe. Der Ort resultiert aus der vorangegangenen Aufgabe »Konzeptmodell«, mit dem ein bestimmter Aspekt einer stadt-räumlichen Situation herausgearbeitet und im Volumenmodell dargestellt wurde. Im Rahmen der »Ortsaufnahme« ändert sich der Fokus, in dem über die eine betrachtete Situation hinaus, eine Abfolge an Räumen im Stadtraum betrachtet wird. Das Erfassen und Analysieren dieser Sequenz erfolgt mit zeichnerischen Mitteln im Skizzenbuch vor Ort in der Stadt. Es gilt eine vielschichtige Analyse der räumlichen Aspekte, der Qualitäten und ihrer Zusammenhänge vorzunehmen und sich als Grundlage für eine daran anschließende Aufgabe für ein »Raummodell« zu erarbeiten.


2020

Die vom 7. bis 13. Juni geplante Grand Tour nach Ferrara entfällt.

Die Bearbeitung und fristgerechte Abgabe der Aufgabe 1: »Erinnerung« wird Ihnen dafür anerkannt.

Wir empfehlen allen Landschaftsarchitekt*innen die Aufgabe zu bearbeiten, da die folgenden Aufgaben 2 und 3 darauf aufbauen. 


2019

Perugia

„Wie sich im Laufe von vielen Jahrhunderten ihr Gemäuer immer dichter zusammenzog; kaum ein Haus ohne die Spuren großgerundeter Bogen über der schmalen Pforte. Reste der alten Steinornamentik ließ man gottverloren im Mauerwerk stecken.“ Walter Benjamin

Aus der besonderen Lage Perugias auf einem sich verzweigenden Höhenrücken zwischen zwei Hügeln und ihrer etruskischen Gründung, hat sich die spezifische strukturelle und räumlich dichte Ausprägung der Stadt entwickelt. Es liegt nahe, sich mit diesem Thema Topografie und Stadt zu befassen und die sich daraus ableitenden Raumgefüge zu studieren. Zudem gilt der Blick dem städtischen Detail, das Aufschluss über die Entstehungszeit und über Fügungsprinzipien geben kann. Drei Themen werden in Vorbereitung auf die Reise und im Anschluss an sie bearbeitet:

Plan der Stadt – Topografie und Stadtstruktur

Analyse und Abstraktion – Analysezeichnungen und Konzeptmodell

Ort und Intervention – Entwurf für ein Studiolo im Kontext Perugias

Zur Reise erscheint:
Perugia das am Lehrstuhl erhältliche Begleitheft zur großen Reise.


2018

Bologna

„Nehmen wir zum Beispiel Bologna: Diese Stadt ist besonders bemerkenswert nicht nur, weil sie wegen der großen Verbreitung des Arkadenmotivs die Arkadenstadt par excellence ist, sondern auch wegen der Genese und Permanenz dieses Motivs. Mit einem insgesamt mehr als 30 km langen Netz von Portici besitzt Bologna erheblich mehr Arkaden als das antike Rom, selbst zur Augusteischen Zeit. Sie werden von den Einheimischen wie von Besuchern gleichermaßen geschätzt. Sie stimulieren nicht nur urbane Atmosphäre, sondern haben auch gesellschaftliche Bedeutung.“ Gerrit Confurius

Diese Situationen der Übergänge und Vermittler zwischen dem städtischen Raum und der gebauten Achitektur werden wir in Bolgna studieren und mit zeichnerischen Mitteln erfassen und analysieren und ihre strukturellen und räumlichen Unterschiede und wiederkehrenden Prinzipien herausarbeiten. Denn was auf den ersten Blick einfach scheint, birgt eine Vielfalt an unterschiedlichen Ausformulierungen. Anhand von vier Aufgabe wird das Thema erarbeitet:


Plan der Stadt - Schwarzplan der historischen Altstadt Bologenas mit Arkaden und Durchgängen


Katalog Schwellenräume – Studien gebauter Beispiele


Konzeptmodell – Prinzipien städtscher Übergangsräumen


Raummodell – räumliche Ausformulierung eines Zwischenraums

Zur Reise erscheint:
Bologna das am Lehrstuhl erhältliche Begleitheft zur großen Reise


2017

Ravenna

Es ist heute nicht mehr zu vermuten, dass Ravenna ursprünglich unmittelbar am Meer lag und wie Venedig von Lagunen geprägt und von Wasserläufen durchzogen war. Die kontinuierliche Verlandung hat die Stadt vom Meer abgeschnitten. Weder der urbane Ursprung, noch die einstigen Befestigungsanlagen oder die Genese der Stadtstruktur sind leicht zu erfassen. Ravenna lässt die gewohnte Dichte gewachsener norditalienischer Städte vermissen. Die bekannten Einzelbauwerke haben ihren Bezug zum Stadtraum mehrmals verändert und stehen zeitlich wie räumlich in schwer zu erschließendem Kontext zueinander. Die Beschäftigung mit der Stadt Ravenna fokussiert auf die Räume des Übergangs, des Dazwischen. Es gilt die Schwellenräume in der Stadt aufzusuchen, sie vor Ort mit zeichnerischen Mitteln zu erfassen und hinsichtlich ihrer räumlichen Prinzipien und situativen Qualitäten zu studieren. Anhand von zwei Themenbereichen werden diese Aspekte erarbeitet:

Plan der Stadt – Schwarzplan und Lageplan

Zwischenraum – Konzeptmodell eines städtischen Schwellenraumes

Zur Reise erscheint:
Ravenna das am Lehrstuhl erhältliche Begleitheft zur großen Reise
 


2016

Lucca

Sprechen wir von Lucca, so meinen wir das centro storico, die innerhalb der Festungsmauern liegende Altstadt. Ihre Geschlossenheit ist nicht allein durch die bauliche Fassung begründet, sondern wird auch durch die Dichte und materielle Durchgängigkeit der Bebauung hervorgerufen. Bei allen Betrachtungen, in Vorbereitung auf die Reise gleichermaßen wie vor Ort, steht das zeichnerische Erfassen der Räume und das Herausarbeiten ihrer architektonischen Prinzipien im Vordergrund. Anhand von drei Themenbereichen werden diese Aspekte erarbeitet:

Darstellung der Stadt – Plan, Stadtansicht, Modell

Raum der Stadt – Konzeptmodell eines Stadtraums

Stadtraum Innenraum – Transformation eines Stadtraums zu einem Innenraum

Zur Reise erscheint:
Lucca das am Lehrstuhl erhältliche Begleitheft zur großen Reise

 


2015

Siena

Aus der besonderen Lage Sienas auf drei Höhenrücken, ist ihre spezifische strukturelle und stadträumliche Ausprägung erwachsen.
Bei den Aufnahmen vor Ort geht es um das Studium topografischer, stadträumlicher und architektonischer Gegebenheiten und damit einhergehend um die Erarbeitung eines räumlichen Repertoires für die eigene Entwurfspraxis. Die Topografie der Stadt, die Dimension der Stadt und der Innenraum der Stadt sind die drei Themen, die zeichnerisch und fotografisch erfasst und konzeptionell bearbeitet werden.

Zur Reise erscheint:
Siena das am Lehrstuhl erhältliche Begleitheft zur großen Reise
 


2014

Venedig

Drei Themenbereiche, die Venedig in besonderer Weise prägen, bilden den Schwerpunkt der Studien vor Ort:

Räume, Raumfolgen, Übergänge
Venedig ist ein gewachsenes Gefüge von unterschiedlichen stadträumlichen Situationen. Scheinbar zufällig entstanden haben sie dennoch oder gerade deswegen etwas Spezifisches. Ein besonders Augenmerk gilt den Raumfolgen, die als zusammenhängende stadträumliche Sequenzen wahrgenommen werden. Sie sind gezielt aufzuspüren, zeichnerisch aufzunehmen und ihre räumlichen Konzepte in absrtrahierter Form zu vermitteln.

Strukturen, Konstruktionen, Typen
Die Lage Venedigs in der Lagune, auf Inseln und im Wasser bedingt eine besondere Gründung ihrer Bauten. Aus den Anforderungen an die Fundierung und die angestrebte Leichtigkeit der Bauwerke, haben sich eine spezifische Konstruktionsart und damit eine eigene Typologie entwickelt. Diese spezielle Art der baulichen Struktur und ihre Erscheinung sind Teil der zeichnerischen Studien vor Ort.

Ränder Kanten Säume
Aus dem Wasser aufsteigende Gebäudesockel, filigrane Arkaden von im Wasser stehenden Bauten, steinerne Uferkanten und befestigte Wege, die Kanäle säumen, all das sind Situationen, die als Ränder, Kanten und Säume in einer großen Variantenvielfalt die Stadt im Wasser prägen und die es in ihrer Eigenart und ihren unterschiedlichen Ausformulierungen im Detail zu untersuchen gilt.

Zur Reise erscheint:
Venedig das am Lehrstuhl erhältliche Begleitheft zur großen Reise

Konzeptmodelle stadträumlicher Sequenzen:
 


2013

Urbino

Drei Themen prägen die Stadt Urbino in besonderer Weise und sind Gegenstand der Betrachtungen vor Ort: Topografie, Raum und Material. Diese Themen gilt es, mit zeichnerischen Mitteln zu studieren, zu erfassen, zu analysieren und damit zu verstehen und zu vermitteln. Das Typische ist herauszuarbeiten, das Charakteristische zu erfassen und Eindruck und Wirkung zu ergründen.

Topografie
Architektur und Topografie. Die Ausprägung der Architektur und der städtischen Struktur aufgrund der Lage der Stadt im Kontext der Topografie. Die spezifische Ausformung und Morphologie der Stadträume.

Raum
Der Raum der Stadt. Fassende Räume der Stadt: Plätze und Höfe und ihre unterschiedliche Ausprägung. Transitorische Räume: Straßen, Gassen, Wege. Raumfolgen (Sequenzen) mit ihren Durchgängen, Eingängen und Übergängen.

Material<
Das Material der Stadt. Materialität der Stadt in ihrer Homogenität und Monochromie sowie die Ausnahmen als Hervorhebung von Bauwerken mit einer übergeordneten Bedeutung. Detaillierte Betrachtung der Verwendung und Fügung des Materials. Die übergeordnete Betrachtung der durch die Materialität geprägten Textur der Stadt.

Zur Reise erscheint:
Urbino das am Lehrstuhl erhältliche Begleitheft zur großen Reise

Handzeichnungen Verwendung und Fügung des Materials: